Theodor Heinrich Kynast
Charkow 1904 – Grafeneck 1940
Der Lebens- und Leidensweg des 1904 geborenen Theodor Kynast bleibt weitgehend im Dunkeln. Er lebte mit seinen Eltern, dem Maschinentechniker Karl Kynast und dessen Frau Ottilie Marie im württembergischen Göppingen. Als junger Mann wurde er mit der Diagnose Schizophrenie in die Göppinger Privatheilanstalt Christophsbad eingewiesen. Dort gehörte er zu den Staatspfleglingen, das heißt den auf öffentliche Kosten untergebrachten Patienten. Am 14. Oktober 1940 wurde er auf Anordnung des Württembergischen Innenministeriums zusammen mit 74 weiteren männlichen Patienten aus Göppingen in die württembergische Heilanstalt Winnental verlegt. Die Zwischenverlegung nach Winnental sollte die Spuren verwischen. Bereits am 29. November 1940 wurden 16 der Göppinger Patienten – unter ihnen Theodor Kynast - zusammen mit Insassen von verschiedenen Anstalten (Stetten i.R., Schwäbisch Hall, Paulinenpflege Winnenden und dem Bürgerhospital Stuttgart) von Winnental aus nach Grafeneck verlegt und dort am selben Tag ermordet.
Die vom Standesamt Grafeneck ausgestellte Sterbeurkunde und der sogenannte Trostbrief an die Eltern nach Göppingen sind im Original erhalten und befinden sich heute im Archiv der Gedenkstätte Grafeneck. Sie tragen das Datum vom 3. Dezember und 4. Dezember 1940. Die Fälschung von Todestag und Todesursache waren hierbei ein bewusst eingesetztes Mittel der Täuschung der Angehörigen. Als Todesursache war Lungentuberculose, Blutsturz angegeben. Unterzeichnet waren die Schreiben der Landes-Pflegeanstalt Grafeneck mit den ebenfalls gefälschten Unterschriften Dr. Ott und des Standesbeamten Zorn.
Der Nachlass des Theodor Kynast, der nach seinem Tod an die Eltern nach Göppingen ging, zeigt die Angst und Verzweiflung des sechsunddreißigjährigen. In einen Keks hatte er das Wort Mörder eingeritzt. Ein letzter verzweifelter Hilfeschrei an seine Mitwelt wie aber auch an die Nachwelt. Die Eltern baten Ende Dezember 1940 oder Anfang 1941 einen Schulfreund von Theodor, inzwischen Pfarrer in Bad Boll, um Hilfe. Dieser verfasste für die Mutter einen Brief an die Landes-Pflegeanstalt Grafeneck. Ihr Brief vom 20. Januar 1941 wurde von den Grafenecker Stellen mit Ausflüchten und Lügen beantwortet.